Wie nehme ich Raum wahr?
Reagiere ich auf meine Umgebung beziehungsweise wie interagiert sie mit mir?
Auf welche Art beeinflussen Objekte und Subjekte mein Verhalten?
Welche Rolle spielt Distanz dabei?
Gibt es Verhaltensschemata?
Lassen sich diese durch Planung der Umgebung steuern?
Inwieweit wird (Innen-) Architektur gezielt eingesetzt?
Welche Bedeutung haben integrierte Medien abseits der Bausubstanz?
Raumwahrnehmung und kultureller Einfluss
Mich interessiert die Manipulation von interpersoneller (nonverbaler) Kommunikation und damit verbundene Hemmschwellen durch (Innen-)Architektur. Als Farb- und Lichtdesigner finde ich vor allem den Einsatz nichtkonkreter Medien spannend, die weit über die pure Grundrissplanung hinaus gehen.
Folgende Frage sollte in der Praxis behandelt werden: Lässt sich die Eingrenzung von Platz um eine (stereotypische, mitteleuropäische) Person herum durch Freiheit über ihr wieder ausgleichen? Nebst der schriftlichen Auseinandersetzung zur „Wahrnehmung“, „Architektur“ und „Medien“ in Bezug auf mein Themenfeld setzte ich auch eine Rauminstallation um, die diese Antwort dem/der Betrachter/in im Selbstversuch liefern konnte — allerdings nur für jeweils das Individuum selbst, denn Distanzempfindung ist und bleibt höchst subjektiv.
Im theoretischen Teil bezog ich mich auf Edward T. Hall’s „Proxemik“ von 1966, welche Untersuchungen zum menschlichen Distanzempfinden beschreibt und verband dessen Empirik mit Peter Sloterdijk’s Systemtheorie zu „Blasen, Sphären und Schäumen“ von 1998.
Für die praktische Arbeit Relative Space schloss ich mich mit meinem Kommilitonen Riccardo Torresi zusammen, denn unsere Themenansätze waren sehr sich ähnlich und so ließ sich der Aufwand und die Dimension des Projektes vergrößern. Realisiert wurde eine reaktive Decke beziehungsweise ein reaktiver Raum, der sich Anwesenden anpasste. Überspitzter: Nur durch eine Person existiert überhaupt ein Raum.
Die Ausstellung fand in den Katakomben der ehemaligen KINDL-Brauerei in Neukölln, Berlin statt.
Mir oblag die technische Umsetzung sowie die Programmierung unseres „Strippenziehers“, auf dessen sechs Motoren sich Schnur auf und abwickelte.
An den sechs Schnüren befestigt war die Raumummantelung, dessen Struktur sich so verändern ließ. Sensorik erkannte den Begehenden, worauf diesem Platz generiert wurde. Es entstand ein relativer, temporärer, dynamischer und sich ständig im Wandel befindlicher Raum im Raum, der absolut von und nur durch die Person existierte.
Berlin, 2015
Hardware: Getriebemotoren, Arduino
Software: VVVV